2021: Siebenschläfer

(Glis glis)

Aussehen
Der Siebenschläfer hat eine Kopf-Rumpf-Länge von 112 – 190 mm, sein buschiger, grauer Schwanz erreicht 100 – 150 mm. Sein Gewicht variiert im Jahresverlauf sehr stark, so wiegt er im Frühjahr und Sommer: 70–110 g, vor dem Winterschlaf bis 160 g, gelegentlich sogar bis über 280 g.
Siebenschläfer haben ein dichtes Fell mit grauem Rücken. Die Augen stehen groß hervor und sind schwarz umrandet sind. Die Ohren sind klein und rund.
 
© Josef Limberger
Lebensweise
Der Siebenschläfer ist überwiegend nachtaktiv, vor allem in der ersten Nachthälfte. Nur kurz vor und nach dem Winterschlaf sind Siebenschläfer auch tagsüber anzutreffen. Der Bilch meidet den Boden wenn es geht, aber er ist ein äußerst geschickter Kletterer. Bei Gefahr verharrt er regungslos und flieht nur bei unmittelbarer Bedrohung hinauf in den Kronenbereich der Bäume.
Sein Aktionsraum umfasst 1.000 bis 1.500 m, in diesem Gebiet hat er verschiedene Ruhe- und Schlafplätze, die er regelmäßig aufsucht. Die Männchen streifen weiter herum als die Weibchen. Aufgrund seiner Bindung an Bäume können Gewässer und gehölzfreie Streifen ab einer Breite von 50 m für den Siebenschläfer bereits Ausbreitungsbarrieren darstellen.
Im Herbst schränken Siebenschläfer ihre Aktivitätsstunden ein und werden zunehmend lethargisch. Zum Überwintern gräbt der Bilch in der Regel 50 bis 100 cm tiefe Höhlen oder passt bereits vorhandene Gänge von Kleinsäugern seinen Bedürfnissen an. Zu Beginn des Winterschlafs rollt er sich zusammen, legt den Schwanz über den Kopf und schließt die Ohrmuscheln. Neben dieser energetisch günstigen Körperhaltung wird der ausschließlich auf Fettverbrennung eingestellte Energieverbrauch durch eine reduzierte Herzfrequenz und Atempausen von bis zu 50 Minuten weiter gesenkt. Die optimale Temperatur für den Winterschlaf beträgt 5 °C. Bei weniger als 3 – 4 °C setzt spontanes Erwachen ein. Der Winterschlaf dauert mindestens 6 Monate und liegt in Abhängigkeit von lokalen Frostperioden zwischen September/Oktober und Mai/Juni. Findet der Winterschlaf in warmen Gebäuden statt, kann dieser verkürzt sein oder der Schläfer verzichtet zur Gänze darauf. Während des Winterschlafs verliert der Siebenschläfer 35 bis 50 % seines Gewichts.
Als Feinde des Siebenschläfers gelten der Baummarder (Martes martes), der Waldkauz (Strix aluco), der Uhu (Bubo bubo), das Hermelin (Mustela erminea) und die Haus- bzw. Wildkatze (Felis silvestris).

Territoriales Verhalten und Reviergröße
Siebenschläfer leben oft in kleinen Gruppen ohne Rangordnung zusammen. Häufig gibt es Schlafgemeinschaften von mehreren Tieren, meist Männchen. Der Siebenschläfer gilt als sehr ortstreu. So sucht er oft über mehrere Jahre die gleichen Baumhöhlen auf. Die Reviergröße variiert mit Nahrungsverfügbarkeit, Dichte, Jahreszeit und Geschlecht, bei Männchen beträgt sie bis zu 3 ha (im Einzelfall mehr als 7 ha) und bei Weibchen 1,5 ha.

Kommunikation und Orientierung
Der Siebenschläfer gilt als sehr stimmfreudig. Häufig kann man im Spätsommer und Herbst seine zirpenden Laute im Wald hören. Die Lautäußerungen dienen zusammen mit Duftmarkierungen vorwiegend der innerartlichen Kommunikation bei Nacht. Wird er gestört, beginnt er mit den Zähnen zu rattern und stößt ein Drohsurren aus, das dem Fluggeräusch von Hornissen ähnlich ist. Weitere Lautäußerungen sind Quiek-, Fiep- und Pfeiflaute. Paarungsbereite Männchen werben mit einem pausenlosen Zwitschern um Weibchen.
Zur besseren Orientierung bei Nacht markieren Siebenschläfer häufig genutzte Kletterrouten mit Duftspuren. Eine Besonderheit ist auch das Markieren von Kobeln mit Kothäufchen.
 
Nest
Innerhalb seines Reviers baut der Siebenschläfer bis zu sechs Nester in 5 bis 6 m Höhe in Baum- oder Felshöhlen. An der Basis besteht dieses in der Regel aus abgebissenen Blättern (am liebsten von Buchen) und kleinen Zweigen. Steht ihm kein Unterschlupf zur Verfügung legt er auch freistehende Nester an. Diese gleichen im Aufbau den Kobeln von Eichhörnchen, sind aber deutlich kleiner. Er ist auch bekannt dafür in einigermaßen ruhige und dunkle Gebäude einzudringen.
 
Fortpflanzung und Populationsbiologie
Die Fortpflanzungszeit beginnt einen Monat nach dem Winterschlaf im Mai/Juni und dauert bis September. Die meisten Paarungen finden zwischen Juni und Juli statt. Das Revier des Männchens überlappt mehrere Territorien der Weibchen, mit denen es sich nach lauten Verfolgungsjagden und Spielen zu paaren versucht.
Die Weibchen beteiligen sich nicht jedes Jahr an der Fortpflanzung. Nach einer Tragzeit von 30 - 32 Tagen kommen je nach Region meist Mitte Juli bis Ende August durchschnittlich 5 – 7 Jungtiere zur Welt. Nach 21 bis 23 Tagen öffnen diese ihre Augen und eine Woche später beginnen sie die Umgebung ihres Nests zu erkunden. Als selbstständig gelten sie erst nach 6 bis 7 Wochen. Die Geschlechtsreife erreicht der Siebenschläfer erst in seinem zweiten Lebensjahr.
Für gewöhnlich lebt der Siebenschläfer in geringen Populationsdichten von ein bis fünf Individuen pro Hektar, die Dichte kann jedoch bei hohem Nahrungsangebot (nach Mastjahren) vorübergehend auf 30 Individuen pro Hektar ansteigen. Häufig steht die vorhandene Populationsdichte auch in Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von geeigneten Neststandorten.
Der Siebenschläfer kann ein Alter von bis zu 9 Jahren erreichen. Tiere, die älter als drei Jahre sind, sind jedoch selten und machen nur einen Anteil von weniger als 10 % der Gesamtpopulation aus.
 
Nahrung
Der Siebenschläfer sucht vorzugsweise auf Bäumen und Sträuchern nach Nahrung, wobei er diese dem jahreszeitlichen Angebot anpasst. Im Frühjahr ernährt er sich überwiegend von Knospen und Blättern, im Sommer verspeist er Früchte und im Herbst Beeren sowie Pilze. Besonders gerne frisst er die Nüsse von Eiche, Hartriegel, Hainbuche, Feldahorn und Brombeere. Tierische Nahrung in Form von Insekten und Weichtieren, selten auch Vogeleiern oder Jungvögeln, macht einen vergleichsweise kleinen Teil auf seinem Speiseplan aus.
Als Vorsorge für den Winterschlaf müssen Siebenschläfer viel Nahrung zu sich nehmen, die in Form von Fett um das Bauchfell gespeichert wird. Ihr Gewicht kann sich dabei verdoppeln und überschreitet zuweilen sogar 280 Gramm.

© pixabay
Lebensraum
Der Siebenschläfer bewohnt bevorzugt alte Laubwälder, vor allem Buchen- und Eichenwälder, mit ausgeprägter Strauchschicht. Dort erreicht er vor allem entlang der Waldränder hohe Dichten. Daneben ist er oftmals in waldnahen, parkartigen Landschaften zu beobachten. Weitere wichtige Merkmale seines Lebensraums sind ein hohes Nahrungsangebot sowie ein guter Schutz vor Greifvögeln durch ein dichtes Kronendach. Der Siebenschläfer besiedelt auch Mischwälder mit hohem Nadelholzanteil, die Individuen weisen an diesen Standorten aber häufig geringere Körpermaße und reduzierte Fortpflanzungserfolge auf. Unterwuchs- und strukturarme Nadelwälder ohne Versteckmöglichkeiten meidet der Siebenschläfer und auch Gebiete mit hohem Grundwasserspiegel bleiben meist unbewohnt, da der Siebenschläfer dort kein unterirdisches Winternest anlegen kann.

Verbreitung
Siebenschläfer sind in Europa, Kleinasien, Kaukasus bis zum nordwestlichen Iran verbreitet. In Österreich sind sie im Alpenraum einschließlich dem Klagenfurter Becken weit verbreitet, lokale Vorkommen gibt es in der Grazer Bucht, dem Nördlichen Alpenvorland und dem Böhmischen Massiv. Man kann ihn vom Meeresniveau bis zur natürlichen Höhengrenze von Mischwäldern antreffen.

Ähnliche Arten
Vom Gartenschläfer (Eliomys quercinus) und Baumschläfer (Dryomys nitedula) unterscheidet er sich durch das Fehlen eines schwarzen Bandes von den Vibrissen bis zum Auge. Seine Gestalt ähnelt zudem dem Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), aufgrund seiner Fellfarbe ist er jedoch leicht von diesem zu unterscheiden. In Großbritannien wird vermutet, dass der Siebenschläfer häufig mit dem aus Nordamerika stammenden Grauhörnchen (Sciurus carolinensis) verwechselt wird.

Gefährdung und Schutz
Der Siebenschläfer ist durch Lebensraumverlust, insbesondere die Zerschneidung geeigneter Habitate durch Straßen- und Siedlungsbau sowie die Förderung von monotonen Fichtenwäldern, gefährdet. Bereits 50 m gehölzfreie Flächen gelten als Barrieren und führen zur Isolation von Populationen. Der Erhalt von strukturreichen Laubwäldern mit verschiedenen Baumarten und hohem Alt- oder Totholzanteil ist daher besonders wichtig.
Herrscht in seinem Habitat vorübergehend Nahrungsknappheit, so verzehrt er das Kambium von Bäumen und vermutlich auch Baumsaft, wobei das dafür notwendige Entfernen der Rinde häufig zu Konflikten mit forstwirtschaftlichen Interessen führt. Um dem vorzubeugen, sollte man auf das Vorhandensein einer ausreichenden Anzahl von früchtetragenden Sträuchern und Bäumen achten, da das Benagen von Bäumen in der Regel nur bei Nahrungsknappheit stattfindet. Aufgrund seiner meist geringen Populationsdichte ist es oftmals nicht der wirtschaftliche Schaden, der den Siebenschläfer unbeliebt macht, sondern mehr die Angewohnheit in Dachböden einzudringen und dort zu lärmen.
In einigen europäischen Ländern wird dem Siebenschläfer zudem im Freiland nachgestellt. Denn wie der englische Name „Edible Dormouse“ (Essbare Schlafmaus) schon vermuten lässt, gilt er dort als Delikatesse. Bereits die Römer hielten ihn in speziellen Behältern, den Glirarien. Nach dem Mästen wurden die Käfige abgekühlt, wodurch die Tiere in Lethargie fielen und leicht aufzubewahren waren. Heute steht der gefährdete Bilch zwar auch in Italien unter Schutz, gilt dort aber nach wie vor lokal als Delikatesse. So werden beispielsweise während der traditionellen Fangsaison in Kalabrien vom 24. August (Fest zu Ehren von Johannes dem Täufer) bis Dezember Siebenschläfer mittels Schlagfallen und kleinkalibriger Waffen gejagt. Jährlich werden lt. Schätzung dort etwa 20.000 Tiere gejagt. Der Siebenschläfer ist international geschützt. Er wird in der Berner Konvention in Anhang III genannt.

Wir danken „apodemus – Privates Institut für Wildtierbiologie“ apodemus.at für die Informationen. Weitere Infos zum Siebenschläfer gibt´s auf www.kleinsaeuger.at

Das Tier des Jahres für Österreich wird vom Naturschutzbund Österreich ernannt.

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